zum Inhalt springen

Erinnern und Vergessen im modernen Europa: Erinnerungsfilme und die Entstehung einer transnationalen Erinnerungskultur in Deutschland und Polen

Rebecca Großmann

Betreuer: Prof. Maike Lehmann (Universität Köln), Prof. Martin Aust (Universität Bonn)

erfolgreich verteidigt am 06.11.2019

Erinnerung hat noch immer Hochkonjunktur in Europa und prägt so auch die Beziehungen zwischen den europäischen Nationen. Das gilt in besonderem Maße für Deutschland und Polen. Populären Spielfilmen als breitenwirksamen Trägern von Geschichtsbildern kommt dabei im öffentlichen Diskurs eine immer bedeutsamere Rolle zu. Ein gutes Beispiel hierfür ist die hitzige Diskussion um die deutsche TV-Produktion Unsere Mütter, unsere Väter (2013). Für den polnischen Präsidenten Andrzej Duda hat die deutsche Miniserie Vorbildcharakter – freilich nicht ihres Inhaltes, wohl aber ihrer Wirkungsmacht wegen. Denn die Schaffung eines affirmativen Geschichtsverständnisses steht weit oben auf der Agenda der neuen nationalkonservativen Regierung in Polen.

Trotz dieses politischen Trends zur Renationalisierung: Das nationale Vakuum verlassen die Debatten um Erinnern und Vergessen immer häufiger. Vergangenheitsbilder werden auch oder gerade auf transnationaler Ebene ausgehandelt. Nach wie vor dient Vergangenheit Gesellschaften dabei als Richtschnur, um ihr Handeln in der Gegenwart und Zukunft zu definieren. Für Deutschland und Polen mit ihren Spezifika als Einwanderungs- bzw. Transformationsgesellschaft hat der Wechsel von einem nicht mehr funktionalen nationalen zu einem neuen transnationalen Referenzrahmen eine wichtige Funktion. Dieses Promotionsprojekt will breitenwirksame, transnational kontrovers diskutierte Erinnerungsfilme in den Fokus rücken, um Verbindungen und Wechselwirkungen zwischen den Erinnerungskulturen in Deutschland und Polen zu identifizieren und das Wie, das Warum sowie die Motivation der Akteure eines sich transnationalisierenden Erinnerns zu verstehen. Weil Erinnerungsfilme ihre Wirkung in jeweils spezifischen diskursiven Kontexten entfalten (Erll & Wodianka, 2008), soll über eine Analyse des filmimmanenten Erinnerns und Vergessens hinaus die Rezeption und Einbettung der Erinnerungsfilme in die Debatten über Erinnerungskultur in Deutschland und Polen einbezogen werden. Dabei folgt die Analyse ausgewählter, populärer Spielfilme um den Themenkomplex Zweiter Weltkrieg verflechtungsgeschichtlichen Überlegungen. Ziel ist, unter Berücksichtigung des modernen Mediums Spielfilm einen Beitrag zur Debatte über die Entwicklung einer transnationalen Erinnerungskultur im modernen Europa zu leisten, um ein differenziertes Bild ebendieser zu zeichnen.

 

*